03.02.2014



Kleon Sohn des Sosikrates und die Wettkämpfe für Leonidas

(ENFR)

Ich möchte heute eine Inschrift aus Sparta vom 2. Jh. n. Chr., wahrscheinlich aus der Zeit Trajans, vorstellen. Sie wurde zum ersten Mal im 18. Jh. "in der Nähe von Spartas Theater" durch den französischen Gelehrten Michel Fourmont (1690-1746) gefunden. Fourmont reiste 1729-1731 durch ganz Griechenland auf der Suche nach alten Handschriften und schrieb viele Inschriften ab. (Michel Fourmont ist eine spannende Figur, auf die ich bald zurückkommen werde.) Britische Archäologen haben die Inschrift 1906 "in einem Graben bei dem Theater" (Annual of the British School at Athens, 12, 1906, 478) wieder gefunden. Hier ist der Text (IG V1 660) :



           ἁ πόλις

      Κλέωνα Σωσικρά-
      τους ἀγωνισάμενον
4    τὸν ἐπιτάφι[ον Λεωνίδα]
      καὶ Παυσαν[ία καὶ τῶν λοι]-
      πῶν ἡρώω[ν, καὶ στεφα]-
      νωθέντ[α — — — ἕνεκα]
8    καὶ σεμν[ότατος, τὸ ἀνά]-
      λωμα προ[σδεξαμένων —]-
      ωνος το[ῦ — — — — — —]
      καὶ Δαμοκ[ράτους τοῦ — —]-
12  ωνος τῶν [— — —]


"Die Stadt | (ehrt) Kleon, Sohn des Sosikra|tes, der | an den Grab-Wettkämpfen für Leonidas, | Pausanias und die an|deren Helden teilgenommen hat und der wegen - - - | und seiner Würde gekrönt wurde; die Aus|gaben haben - - - |on Sohn des - -  - | und Damokrates Sohn des - - - |on, seine - - -, übernommen."

Der auf einem großen Stein geschriebene Text ist nicht ganz lesbar: Die rechte Seite des Steines ist offensichtlich ab der vierten Zeile beschädigt (ich habe den Stein bisher noch nicht gesehen und die Archäologen haben nur eine knappe Beschreibung davon gegeben). Die zwischen eckigen Klammern  [ ] notierten Wörter sind verloren und können nur in einigen Fällen ergänzt werden.
Auf den Zeilen 7-8 stand neben der Würde die Erwähnung einer anderen Qualität, wofür Kleon gelobt wurde. Der erste Editor, August Boeckh, in seinem Corpus Inscriptionum Graecum, I.4, 1828, n. 1417, ergänzte die Zeilen 7-8 wie folgt: [... καὶ στεφα|νωθέντ[α ἀνδρείας ἕνεκα]|8 καὶ σεμν[ότατος βίου...] "und der wegen seines Mutes und der Würde seiner Lebensweise", nach dem Vorbild einer anderen vollständigeren spartanischen Inschrift (CIG 1426 = IG V1 472). Diese Inschrift jedoch ehrt einen jungen Mann, der sich in einem anderen Rahmen ausgezeichnet hat (worüber siehe das Buch von N.M. Kennell, The Gymnasium of Virtue: Education and Culture in Ancient Sparta, Chapel Hill, 1995 [c.r.]) und ich bin nicht sicher, dass die Qualitäten, die bei Kleon wegen seines Sieges im Wettkampf für Leonidas gelobt wurden, die gleichen sind. Auch wenn das Wort σεμνότατος (dorische Form von σεμνότητος, die vielleicht nicht zu erhalten ist) sicher ist, scheint mir die Ergänzung βίου "(Würde) seiner Lebensweise" nicht nur unnötig, sondern auch zu lang. Im Vergleich zu den anderen Zeilen würden wir hier mehr Buchstaben haben, als der Stein enthalten könnte.
In seiner Edition für das große Corpus der Berliner Akademie, die Inscriptiones Graecae (V.1: Laconia et Messenia, 1913) schlug Walther Kolbe versuchsweise die folgenden Ergänzungen der Personenamen der Zeilen 9-12 vor: [Κλέ]ωνος ... Δαμοκ[ράτους τοῦ Δαμί]ωνος (der letzte nach IG V1 212). Er meinte hier Neffen von Kleon (Z. 12 τῶν [ἀδελφιδῶν]) zu erkennen. Es gibt eigentlich viele andere Ergänzungsmöglichkeiten und, da wir nicht wissen, wie alt Kleon war, scheint es mir durchaus riskant ihm Neffen zuzuschreiben.
Die Ergänzung des Namens Leonidas in der Zeile 4 steht aber fest, dank einer schönen Textstelle von Pausanias, die ich in einem nächsten Beitrag kommentieren werde...

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